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Wichtig: eine stabile
Haltung
W
enn sich erste körperlicheHandicaps bemerk-
barmachen und Knie oder Rücken schmerzen
– höchste Zeit mit dem Golfen aufzuhören?
Dr. Smasal:
Im Gegenteil. Ich schicke auch Leute mit
einem künstlichen Hüft- oder Kniegelenk auf den
Golfplatz. Wenn möglich ohne Car. Denn sie sollen
sich viel bewegen. Das gilt auch für Spieler, die „ange-
kratzte“ Gelenke, also Knorpelschäden oder Arthrose
haben. Die müssen ihre Gelenke geschmeidig, die
Muskeln warm halten. Das geht nur, wenn sie von
Loch zu Loch laufen. Bei Schmerzen oder Beschwer-
den sollte man sich jedoch untersuchen lassen.
Eine Art orthopädischer Check für Golfspieler?
So würde ich das nicht nennen. Das ist ein allgemeiner
orthopädischer Check, der einfach etwas Erfahrung
des Untersuchers voraussetzt. Ich sehe schon, wenn
ein Patient ins Sprechzimmer kommt, ob er gerade
steht, ob er etwas an der Hüfte oder am Knie hat. Ich
achte auf seine Beinachse, wie er läuft, wie er steht.
Hat er eine schiefe Haltung? Das kann entstehen oder
verstärkt werden, wenn jemand beispielsweise rechts
spielt und ständig krampfhaft links die Schulter hoch-
zieht, dann ist irgendwann die linke Schulter-Nacken-
Muskulatur verkürzt. Deshalb ist es wichtig, neben
Golfspielen einen Ausgleich zu haben.
Wie könnte der aussehen?
Ich empfehle allen Golfspielern einen weiteren Sport.
Schwimmen, Fahrradfahren oder Walken, im Winter
Skilanglauf. Oder ein gezieltes Muskeltraining – mit
Theraband zu Hause oder an Geräten im Studio. Ohne
zusätzliches Training können Sie nicht wirklich gut
spielen. Schließlich brauchen Sie Kondition und Aus-
dauer, um 18 Loch zu gehen. Aber auch Koordination,
eine gewisse Grundkraft, körperliche Stabilität und
Flexibilität. Wichtig ist auch ein kurzes Aufwärmen
vor dem Spiel, damit Bänder und Muskeln warm und
geschmeidig werden. Das senkt das Verletzungsrisiko.
Können Sie hier konkrete Übungen empfehlen?
Aufwärm- und Dehnübungen finden Sie hier auf der
Seite. Als Orthopäde des Olympiastützpunktes Bay-
ern kenne ich natürlich viele Möglichkeiten. Aber
vieles für Stabilität, Koordination und Training des
Gleichgewichts bietet auch der Alltag: Versuchen Sie
beim Zähneputzen den Einbeinstand, wechseln Sie
die Seite. Balancieren Sie beim Spaziergang den Bord-
stein entlang oder im Wald auf einem Baumstamm.
Laufen Sie barfuß im Sand, auch im Leistungssport
machen wir ähnliches in der Weitsprunganlage.
Darf ich mit schmerzender Schulter oder einem
künstlichen Kniegelenk voll durchschwingen?
Ich muss den Schwung machen, den der Körper her-
gibt. Das spüre ich, wenn ich aufmerksam bin. Und
dementsprechend schwinge ich zwei Drittel oder nur
zur Hälfte durch. Wenn die Grundtechnik stimmt, er-
reichen Sie trotzdem Ihre persönlich mögliche Weite.
Gibt es Hilfsmittel, die das Spiel erleichtern?
Da muss man aufpassen und die Hilfen gezielt ein-
setzen, damit man nicht noch unbeweglicher wird.
Der Golfschuh mit der drehbaren Sohle kann bei ei-
nem verletzten Knie Sinn machen oder bei einer ver-
steiften Wirbelsäule. Auch Bandagen können hilf-
reich sein, sollten aber nicht ungezielt und ständig
verwendet werden. Besser ist es, wenn ich meinen
Körper durch entsprechendes Training stabilisiere.
Spezielle Schuheinlagen sind bei Fehlstellungen von
Füßen, Beinachsen und Becken sowie bei bereits be-
stehenden Sprunggelenks-, Kniegelenks- und Hüft-
gelenksarthrosen oder Wirbelsäulenverschleiß häu-
fig sehr hilfreich. Voraussetzung sind die richtige
Indikation und fachgerechte Anfertigung.
Auf dem Golfplatz bis ins hohe Alter? Der
Münchner Orthopäde und Sportmediziner
Dr. Volker Smasal gibt Ihnen Tipps