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Bezahlbar wohnen
in guter Lage
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Fotos:
Wohnbaugenossenschaft wagnis eG
WOHNEN
E
ine Wohnung, zentral gelegen, mit guten Ver-
kehrsverbindungen? Da müssen Mieter schon
mit 12 bis 16 Euro pro Quadratmeter rechnen.
UndKäufermit Preisen, die auch fürMenschen
mit überdurchschnittlichem Einkommen un-
bezahlbar sind. Kaum ein Wohnungs- und Immobilien-
markt ist so hart umkämpft wie der der bayerischen Lan-
deshauptstadt. Doch seit einigen Jahren gibt es Lichtblicke:
Immer mehr Wohngenossenschaften entstehen. Eine Ent-
wicklung, die von der Stadt gewünscht und gefördert wird.
„Die Stadt hat ihre Hausaufgaben gemacht“, sagt Christian
Stupka, Experte für genossenschaftlichesWohnen inMün-
chen. „Noch nie waren die Voraussetzungen für die Grün-
dung einer Wohngenossenschaft so ideal wie heute.“
Längst haben die Genossenschaften das biedere Image des
letzten Jahrhunderts verloren. Bei innovativen, energie-
effizienten Neubauten sind sie ganz vorne mit dabei. „Und
es wäre gut, wenn sich immer mehr in Wohngenossen-
schaften zusammenschließen“, so Christian Stupka.
Auch wegen der aktuellen Bedingungen: Die Stadt Mün-
chen sieht nämlich in ihrem 2012 aufgelegten Programm
„Wohnen in München V“ vor, zwischen 20 und 40 Pro-
zent all ihrer Grundstücke an Baugenossenschaften oder
Baugemeinschaften zu vergeben. „Dafür braucht sie eine
Nachfrage, das heißt Genossenschaften, die sich um die
Grundstücke bewerben“, sagt Stupka. Die Stadt hat au-
ßerdem die finanziellen Konditionen modifiziert und die
Zielgruppen erweitert. Das heißt, eine vierköpfige Fami-
lie mit einem Bruttoeinkommen in Höhe von etwa
85 000 Euro hat laut Stupka mittlerweile ebenso Aussicht
auf Förderung wie der Singlehaushalt mit 40 000 Euro.
Die erste Baugenossenschaft entstand inMünchen 1871.
Die zwölfjährige „Wagnis eG“ ist die jüngste Wohnungs-
baugenossenschaft in der langen Reihe. Stupka selbst hat
vor neunzehn Jahren die Wogeno mitgegründet. Ein
„gemeinschaftsorientiertes Wohnprojekt für ein soziales
Miteinander nach ökologischen Gesichtspunkten“.
Heute freut er sich über die „wahnsinnige Lebendigkeit“,
die aus diesem Modell entstand. Über Mundpropaganda
hat Stupka damals seine Mitstreiter zusammen-
getrommelt: „Wir haben dann eine öffentliche Veranstal-
tung organisiert in der Pasinger Fabrik“, erinnert er sich.
Gegründet wurde schließlich mit elf Mitgliedern im Hin-
terzimmer einer Gastwirtschaft. „Wir hatten dann schnell
150 Mitglieder zusammen.“ Stupka sagt: „Man muss ei-
nen Plan haben, wo man zum Zuge kommen möchte.“
Weil Gründer meistens Laien sind, ist eine Mitgliedschaft
in einem Verband zwingend. In München könnte das der
Genossenschaftsverband Bayern oder der Verband bayeri-
scher Wohnungsunternehmer (VdW) sein.
Beide Verbände bieten auch eine Beratung an. Denn wer
imWohnungsbau neu unterwegs ist, braucht kompetente
Hilfe. Schließlich muss man sich auch die notwendigen fi-
nanziellen Mittel beschaffen. Das läuft in der Regel über
Beiträge der Mitglieder. Der Finanzbedarf ist groß und
deshalb dürfen die Anteile nicht verschleudert, das heißt
zu billig angeboten werden. „Gerade neugegründete Woh-
nungsgenossenschaften, die einWohnungsbauprojekt pla-
nen, benötigen für die Finanzierung relativ viel Kapital“,
erklärt Tobias Straubinger vomVerband bayerischer Woh-
Wohnraum ist knapp in
München. Und ziemlich teuer.
Wer günstig bauen oder mieten
will, sollte sich eine Wohn-
genossenschaft suchen. Oder
besser noch: selbst eine gründen