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Fotos:
Bier & Oktoberfestmuseum, Münchener Stadtmuseum Valentin-Karlstadt-Museum
Der frühere Arzbergerkeller in der
Nymphenburgerstraße (linkes Bild). Ehe-
maliger Franziskanerkeller (Bild unten)
Zinn-Deckel von 1850 aus
dem Knorrkeller (Bild
links). Augustiner-Bierkrug,
um 1900 (Bild unten)
anderer Getränke und Speisen allerdings untersagte, um
benachbarte Gastwirte vor Konkurrenz zu schützen.
Zu welchem „Erfolgsmodell“ sich diese bayerische Beson-
derheit in der Folge entwickelte, zeigt das „Bier und Ok-
toberfestmuseum“ in einer Sonderausstellung. Bis zum
1. September versammelt sie im Dachgeschoss eines ver-
winkelten, mittelalterlichen Hauses in der Sternecker-
straße alte Stadtpläne, stimmungsvolle Gemälde, Stiche
und Zeichnungen, nostalgische Fotos und literarische
Belege. Stück für Stück wird so die Historie eines weiß-
blauen Unikats rekonstruiert, dessen Beliebtheit nicht
nur aus der offiziellen und bundesweit einzigartigen Er-
laubnis resultiert, sich selbst sein Essen mitzu-
bringen. „Im Biergarten sitzt der Handwerker
neben dem Professor am Tisch, sind auch Kinder
und Hunde willkommen, ist man weit weg vom
Trubel der Stadt “, fasst Museumsleiter Lukas
Bulka das zusammen, was für ihn ein „Lebensge-
fühl“ ist. U
ner
Internetsei
ge-
würdigt wir
es-
hauptstadt München mit dem Tourismusver-
band Oberbayern entstand.
Nicht umsonst erklärt die Bayerische Biergarten-
verordnung diese Institution zum „Stück ange-
stammten bayerischen Kulturgutes (...), das wichtige so-
ziale und kommunikative Funktionen“ erfülle und so
„Vereinsamungserscheinungen“ entgegenwirke. An wel-
chen Orten dem so inMünchen ist, hat Curt Schneider im
wahrsten Sinne des Wortes „erfahren“. Überwiegend mit
dem Radl recherchierte er gemeinsam mit drei Mitstrei-
tern in München und Umgebung für einen „Biergarten
Führer“, der 2012 in der siebten Auflage im Knürr Verlag
erschienen ist. „Unser Ehrgeiz war es, alle wichtigen An-
laufstellen drin zu haben – vom Klassiker am Chinaturm
bis zu persönlichen Favoriten wie der Schlossallee in Haag
an der Amper, die nicht nur beim Lampionfest Anfang
Juli ein Geheimtipp ist “, so der Autor über die
annähernd 200 Adressen. „In den 70er Jahren
drohte der Biergarten auszusterben. Zum Glück
hat man aber an dieser Tradition festgehalten,
auf die man hier in der Region zu Recht stolz ist.“
So ist die Zukunft des Biergartens gesichert – sie
liegt zwischen „eindeutiger Retrobewegung“, die
erfreulicherweise einen Siegeszug des Plastik-
stuhls verhindert, und begrüßenswerten Inno-
vationen wie „Getränken in kleineren Gläsern“
oder kulinarischen Alternativ-Angeboten zu
den Standards „Haxn, Hendl und Spareribs“.
ANTOINETTE SCHMELTER DE ESCOBAR