Winter/Frühjahr 2013 / 2014 - page 61

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Fotos: Hannes Mauerer, Archiv
Ein Bild aus den 50er-Jahren: Alfons Schmutzer mit seinen Mitarbeitern im Münchner Ratskeller
W
as wäre München ohne seine Wirtshäuser?
Etwa sechs Millionen Besucher aus allen Konti-
nenten treffen sich jährlich in der bayerischen
Landeshauptstadt. Genießen die bayerische
Gastlichkeit, das Bier und vor allem auch das Münchner Lebens-
gefühl. Das da heißt: „Leben und leben lassen.“
Aber auch die Münchner schätzen ihre bayerischen Gasthäuser
und lassen sich die einheimischen Schmankerln, das kühle Helle
oder Dunkle gerne schmecken. Es sind vor allem diese Stamm-
kunden, von denen sich die Gastronomie messen lassen muss.
Stimmt die Qualität, sind sie zufrieden – und das sind die
Münchner glücklicherweise meistens. Dass das so bleibt, dafür
sind die Wirte verantwortlich. Es gibt einige Wirtsfamilien, de-
nen es sogar schon in zweiter oder dritter Generation gelingt,
ihre Gäste zu begeistern.
Die Familie Schmutzer zählt zu diesen alteingesessenen Münch-
ner Gastgebern. Peter Schmutzer betreibt heute den Augustiner
am Dom, und auch sein Vater Alfons Schmutzer gehörte bereits
vor über 60 Jahren zu den Münchner Innenstadtwirten. Er
führte nach dem Zweiten Weltkrieg über 20 Jahre lang den
Münchner Ratskeller und das Café Schmutzer, das berühmt war
für seine Kuchen aus der eigenen Konditorei.
Lachend spricht Peter Schmutzer heute von einem „Wirte-Gen“,
das er von seinem Vater geerbt haben muss. Schon früh ließ er
sich von dessen Begeisterung für die Gastronomie anstecken.
„In der achten Klasse wollte ich schmeißen und Koch lernen,
aber mein Vater bestand darauf, dass ich die Mittlere Reife ma-
che.“ Nach der Ausbildung zum Koch bei Hans Winkler im Per-
lacher Orbis-Hotel führten ihn seine Wanderjahre übers franzö-
sische Elsass in die Schweiz, mit einem Luxusliner um die Welt
bis nach Asien, wo er als Küchenchef im Matahari Beach Resort
auf Bali arbeitete, das dem Münchner Großmetzger Magnus
Bauch gehört. Auch hier folgte er den Spuren seines Vaters. Der
arbeitete nach seiner Kellner-Ausbildung im Künstlerhaus in
den 30er-Jahren in Paris – damals entsprach auch diese Entfer-
nung einer kleinen Weltreise.
Ein Wirt muss mehr können, als hinterm Herd oder Tresen zu
stehen. Die Münchner Innenstadt-Gasthäuser sind Großbetrie-
be, die von Unternehmern geführt werden. Da geht es um be-
triebswirtschaftliches Wissen, um Organisation, Stehvermögen
und vor allem auch Führungsqualität. Letzteres hat sich der
Augustiner-Wirt bei seinem Vater Alfons abgeschaut: „Er war
streng, aber menschlich fair. Mein Vater hat immer darauf ge-
achtet, wie es seinen Leuten geht. Er hat sich mit ihnen ausein-
andergesetzt, einen Wechsel gab es kaum. Manche waren 23
Jahre lang bei ihm.“
So legt auch Peter Schmutzer heute Wert darauf, dass seine Mit-
arbeiter lange bleiben. Das ist ganz wichtig für die Stammgäste.
Die kommen zwar wegen des Augustiner-Biers und der Küche,
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