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auf der neuen
grünen Welle
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LEBEN IN DER STADT
M
ünchen, Schwere-Reiter-Straße, Ecke
Emma-Ihrer-Straße. 3.000 Quadrat-
meter Brachfläche mitten in der Stadt.
Kein Ort, an dem man an einen Gar-
ten denkt. Und doch haben sich an ei-
nem strahlend schönen Maimorgen dutzende Münchner
hier versammelt, um einen Garten anzulegen: Frei zu-
gänglich für alle, soll hier bald Gemüse und anderes Ess-
bares wachsen. Die grüne Welle „Urban Gardening“ hat
München endgültig erfasst.
„o‘pflanzt is!“ Das ist der Name des jüngsten Münchner
Gardening-Projekts und auch die Losung der bunten
Gärtnerschar – ausgestattet mit Hüten und Piratentü-
chern zum Schutz vor der Sonne. Im Gepäck Wasserka-
nister, Rechen und Spaten. Mittendrin steht Christa
Müller, 51 Jahre, dunkle Hose, dunkles Hemd und brau-
nes Jackett. Die blonden Haare sind zum Zopf gebun-
den, sie ist dezent geschminkt. Die Frontfrau des Urban
Gardening gehört nicht zu den schillernden Gestalten,
laut aufzutreten überlässt sie lieber anderen. Die promo-
vierte Soziologin ist Beobachterin und Forscherin, sie
hört zu, analysiert und spricht dann. „Die Leute kom-
men direkt aus dem Internet in die urbanen Gärten,“
sagt die Geschäftsführerin der Stiftung Interkultur, die
über 130 interkulturelle Gärten in ganz Deutschland
vernetzt und fördert. Heute ist sie gekommen, um
„o‘pflanzt is!“ mit zu eröffnen; ihre Stiftung spendiert
den Stadtgärtnern zum Einzug ein Kompost-Klo. Man
denkt hier ganz pragmatisch. Und ja, es funktioniert.
Seit ihrem Studium forscht Christa Müller zum Thema
Selbstversorgung – Soziologen nennen es „Subsistenz“.
Jetzt ist sie viel unterwegs. Überall wollen junge wie alte