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Fotos:
Leonie Poppe (1)
E
s ist viel los in dem Eckhaus in Haarbach. Die
siebenjährigen Zwillinge Emma und Karla
Bronheimturnendurchdas Treppenhaus, zwei
Katzen bevölkern die Wohnungen, und die
Großeltern stehen lachend in der Türe. „Ei-
gentlich haben wir anfangs gar nicht daran gedacht, selbst
in das Haus einzuziehen. Dass wir heute mit der Familie
unserer Tochter hier zusammenwohnen, das hat sich so er-
geben“ sagt Annelies Gerstmeir. Die heute 71- Jährige und
ihr Mann hatten ihr Zuhause mit ihren vier Kindern ur-
sprünglich ganz in der Nähe. Dort, wo sich heute die zwei
Etagen in den Hang schmiegen, stand damals noch das El-
ternhaus von Annelies Gerstmeir. Nach dem Tod ihrer El-
tern vor 20 Jahren fasste die Geschäftsfrau einen Ent-
schluss: Auf diesem Grundstück soll ein neues Haus
entstehen, ein wirklich innovatives. Für die ganze Familie.
Den Auftrag dafür gab sie ihrem Sohn Thomas, der heute
ein Architekturbüro inMünchen führt. Und sein Erstlings-
Treffpunkt Terrasse. Jede
Familie hat eine eigene
Wohnung und ihren eigenen
Rhythmus. (Bild oben). Die
Etagen sind komplett
schwellenfrei und haben
rollstuhlgerechte Türrah-
men – eine Investition in die
Zukunft (Bild unten)
werk machte Furore, noch bevor es überhaupt gebaut war.
Bauherrin und Architekt mussten die Behörden impersön-
lichen Gespräch davon überzeugen, mitten in der 500 See-
lenGemeinde eindoppelgeschossigesHaus zu genehmigen;
eines, das anders aussah, als die Häuschen der Umgebung.
Aber die Bauherrin lies sich nicht beirren: „Jede Zeitepoche
hat ihren Stil. Wenn man nicht mal mutig ist, würde ja nie
etwas Neues entstehen“. So fortschrittsgläubig waren da-
mals nicht alle ihre Freunde und Bekannte amOrt.
Doch auf Zukunft war das ganze Haus angelegt: Zwei iden-
tische Grundrisse übereinander, alle Sanitärräume auf ei-
ner Seite gebündelt, dadurch konnte man Erschließungs-
kosten sparen, jede Etage schwellenfrei. Waschmaschine
und Trockner stehen im Keller, die nutzen die beiden Par-
teien gemeinsam. Durch eine Luke im Badezimmer wan-
dert die schmutzige Wäsche direkt dorthin, wo sie hinge-
hört. Und innerhalb des Stockwerks kommen beide
Wohnebenen ganz ohne Schwellen aus.
Bis die Hausgemeinschaft von Jung und Alt zueinander
fand, dauerte es noch eine ganze Weile. Zunächst bezog
Tochter Barbara mit ihremMann Rudolph die obere Etage
des Hauses – sechs Jahre später wurden ihre Zwillinge ge-
boren. Dannwohnte in demHaus noch der älteste Sohn der
Gerstmeirs mit seiner Frau. Nur vorübergehend. Denn vier
Jahre später übernahm er die elterliche Bäckerei am Ort
und zog in das Geschäftshaus. Ein günstiger Zeitpunkt für
die älteste Generation, das Familienhaus zu beziehen. So
entstand die Hausgemeinschaft mit Tochter Barbara.
Jede der beiden Familien hat trotz der Nähe weiterhin ih-
ren eigenen Lebensrhythmus und ihren eigenen Haushalt.
Josef und Annelies Gerstmeir stehen noch immer früh auf
und helfen in der Backstube und im Laden. „Da brauchen
wir keine Gymnastik“, schmunzelt Josef Gerstmeir.