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ter halten Verkäufer Bilder von wahlweise Rolex-Uhren
oder Chanel-Taschen vor die Augen und rufen „billig, bil-
lig“. Hoffentlich, denn die meisten Sachen sind schlecht
gefälscht! Vorbei geht es an den „Chungking Mansions“,
einem Gebäudekomplex, in dem man billig übernachten
kann. Im Foyer sieht es so aus, als ob nicht nur appetit-
liche Snacks und Reisetaschen gehandelt werden. Ande-
rerseits gilt das Labyrinth aus Wohnungen, Restaurants
und Wechselstuben als vorbildliches globales Dorf.
E
ine herrlich stille Ruhe-Oase ist der nahegelege-
ne Kowloon Park, dessen Grün sich bis auf die
Dächer der Geschäfte ausbreitet. Auf den Bänken
schlafen Business-Leute zwischen Bananenstauden,
Brunnen plätschern. Manche haben sich bunte Getränke
aus der Haiphong Road mitgebracht: ausgepresstes Zu-
ckerrohr, Grapefruitsaft mit Aloe Vera, Tee mit glibbri-
gen Kügelchen drin. Dazu getrocknetes Fleisch. Die Lä-
den, in denen es verkauft wird, ähneln den Apotheken
mit chinesischer Medizin, die es in fast jeder Straße gibt
– mit Seepferdchen gegen Atembeschwerden oder toten
Käfern gegen Impotenz.
Aber wirklich wie in China fühlt man sich in Mong Kok,
wo sich alte Läden und neue mischen. Das ist das Arbei-
terviertel, in dem kaum noch einer Englisch versteht, die
Märkte günstig werden, die Wahrsager zahlreich, und
auf dem Vogelmarkt wenigstens einer der palastförmi-
gen Käfige gekauft werden muss.
Zum Beispiel, weil es die Zeit zu überbrücken gilt, bis
man endlich ins Dim Sum-Lokal „Tim Ho Wan“ darf: ei-
nem kleinen, schlichten Laden in der Kwong Wah Street,
den man ohne die Schlange davor glatt übersehen wür-
de, der aber einen Michelin-Stern hat. „Hüte dich vor
Männern, deren Bauch beim Lachen nicht wackelt.“ Das
ist wieder so ein chinesischer Volks-Weisheitssatz, der
sich vor diesemRestaurant bewahrheitet. Weil Herr Li da-
vor steht und seine auch am Wackelbauch gut sichtbare
gute Laune nicht verliert, während die Hungrigen darauf
warten, dass die Nummer aufgerufen wird, die er ihnen
vor Stunden gegeben hat. Währenddessen soll man auf
einem Zettel ankreuzen, wonach einem gelüsten wird: ge-
füllte Reisteigrollen, Fleischbällchen mit Shrimps,
Schwein, Huhn, süßes Bohnensüppchen zum Nachtisch.
Kostet alles fast nichts. Die Klöschen mit gegrilltem
Schweinefleisch werden besonders gerühmt.
DochHongkong ist nicht nur shoppen, schauen und essen
– man kann auch herrlich entspannen an wunderbaren
Stränden. Wie am überaus sauberen Gold Coast Strand,
an dem morgens Chinesen die Sonne mit den langsamen
fließenden Bewegungen des Tai Chis begrüßen. Andere
schwimmen oder joggen. Es ist fast menschenleer, still
und erholsam. Kaum zu glauben, dass das alles zur Mega-
Metropole gehört. So wie die anderen Strände, die schöne
Bucht von Stanley, oder Repulse Bay – in die Häuser wur-
den dort riesige Löcher eingebaut, damit die Drachen, die
in den Bergen wohnen sollen, ungestört zumMeer fliegen
können, um daraus zu trinken. Auf Lamma Island fährt
kein Auto, die Häuser sind niedrig, viele Familienmit klei-
nen Kindern leben hier, denn der größte Teil der Insel ist
fast unberührte Natur. Bei den Anlegeplätzen schwim-
men Fischer-Dörfer in der Bucht, und an der Promenade
Fische in den Aquarien der einladenden Restaurants.
Angesichts dieses Nebeneinanders von Natur und pulsie-
rendem Business-Leben in Hongkong ist es leicht, an eine
entspannte Zukunft in immer größer werdenden Städten
zu glauben. Denn das ist das wunderbarste Geheimnis im
Perlflussdelta: die klare Ordnung. Dort wird immer höher
gebaut, hier ist die Natur ungestört, dabei liegen Wolken-
kratzer und Wald so nah beieinander.
Reiseinformationen
Flug:
Lufthansa fliegt täglich nonstop von München
nach Hongkong, ab 549 Euro.
Einreisebestimmungen:
EU-Bürger brauchen einen
Reisepass, der mindestens 6 Monate nach Reiseende
gültig ist.
Reisewetter:
Oktober bis April: 12 – 28 Grad, relativ
trocken. Im Sommer ist Regenzeit. Sie bringt bei
Temperaturen zwischen 24 und über 30 Grad hohe
Luftfeuchtigkeit mit sich.
Zeitverschiebung:
Im Winter werden sieben Stunden
zu unserer Zeit dazu gerechnet, im Sommer sechs.
Ruhige Oase im Norden Kowloons: Am
wunderschönen „Golden Beach“ ist das
Wolkenkratzermeer weit weg