Seite 85 - goliving.de

Basic HTML-Version

85
com). „Rocca Calascio hat mich gerettet“, meint
Susanna, Römerin, Ex-Managerin, Mutter von
fünf Kindern. Wenn man aus den Fenstern
schaut, weiß jeder sofort, warum sie das sagt.
Man schläft traumhaft in diesen authentisch
eingerichteten Räumen und sieht beim Aufwa-
chen nur sanfte Bergkuppen – ein Gefühl, als
würde man schweben.
Die Rückbesinnung auf die alten Orte und Tra-
ditionen liegt im Trend. Das nahe Santo Stefa-
no di Sessanio richtete der Industriellensohn
Daniele Kihlgren wieder her, archaisch mittel-
alterlich, mit Fußbodenheizung, WLAN, Phil-
ippe-Starck-Badewanne mitten im Raum. Das
Dorf gehörte der Familie Medici, den seiner-
zeit einflussreichsten Mäzenen Italiens. Jetzt
reisen wieder Kunstpilger her, weil es Ausstel-
lungskooperationen mit Florenz gibt. Auch die
berühmte Berglinse von St. Stefano – klitze-
klein, dabei noch knackig nach längerem Ko-
chen – setzt ihre Erfolgsgeschichte fort. In den
Restaurants der Hotels schmecken sie wie nir-
gendwo sonst in Italien. Sie stärken uns für die
Tour zum Gran Sasso, dem höchsten Gebirgs-
zug der Abruzzen. Den 2912 Meter hohen Gip-
fel Corno Grande kann man noch sehen, wenn
man in Pescara am Hafen entlang spaziert. An
seiner Nordseite liegt der südlichste Gletscher
Europas. Jetzt nähern wir uns dem schroffen
Massiv über den Campo Imperatore, einer
Hochebene, die an Tibet erinnert. Im Winter
fahren die Römer dort Ski. Jean-Jacques Ann-
aud filmte hier Szenen für „Im Namen der
Rose“ mit Sean Connery. Über blühende Wie-
sen galoppieren Pferde zwischen Adonisrös-
chen, Rauschbeeren und Edelweiß. Man könn-
te auf ihnen hinüber reiten bis zu den Tälern,
mit den silbern in der Sonne glitzernden Dis-
teln, in denen Sergio Leones Spaghetti-Wes-
tern gedreht wurden.
A
nspruchsvolle Kletterer zieht es eher in
die Majella, den Nationalpark mit dra-
matisch gefalteten Bergen, steil abfal-
lenden Schluchten und Eremitagen. Drei Höh-
lenwohnungen sind noch offen, für jeden, der
hinkommen kann. Besonders schwer zu errei-
chen ist die Einsiedelei von Meister San Gio-
vanni. Er wollte, dass man sich seinem spiritu-
ellen Rückzugsort auf den letzten Metern nur
kriechend nähert, „wie eine Schlange“. Nicht
einfach für Leute mit Höhenangst. Fasziniert
von der dramatischen Landschaft bemerke ich
erst (zu) spät, wie der Berg steil nach unten fällt,
kein Halt, nirgendwo, nur ein sehr schma-
ler Weg. John Forcone und Dino d’Alessandro
verdanke ich mein Leben, sie haben mich über
den schmalen Steig geführt wie ein kleines
Das Schild gehört
zum Restaurant
in Rocca Calascio.
Eine verfüh-
rerische Käseaus-
wahl bietet
sich Besuchern
von St. Stefano