Winter/Frühjahr 2013 / 2014 - page 20

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Bobby Bräuer
Gault Millau Österreich den Titel „Koch des
Jahres“ bekam.
Dass er sich ausgerechnet in diesem Mo-
ment vom Münchner Feinkost-Spezialisten
Käfer abwerben ließ, sei „für viele unver-
ständlich“ gewesen, so Bräuer. Für ihn selbst
war der nächste Schritt auf der Karrierelei-
ter aber eine Möglichkeit, mit der Rückkehr
in seine Heimatstadt gleichzeitig „den Kreis
zu schließen“: In der BMW-Welt konnte er
eine neue, „breit angelegte Aufgabe vom
Frühstück bis zum Fine Dining“ in Angriff
nehmen.
„Ein paar spitze Bemerkungen à la ‚Jetzt
kochst du in einemAutohaus‘ musste ich mir
schon gefallen lassen“, verrät Bräuer beim
Rundgang durch sein neues Reich, wo er für
jeden seiner über 70 Mitarbeiter ein offenes
Ohr und ein paar nette Worte hat. „Ich selbst
sehe das ganz anders: Für mich ist die BMW-
Welt Lifestyle pur, von der Präsentation der
Fahrzeuge bis zu vielfältigen kulturellen
Events. Da müssen wir unsere Gäste auch
küchentechnisch mit Leistung überzeugen.
Und diesen Ort so hoffentlich zu einer Top-
adresse für Genießer machen.“
Küche ohne „Effekthascherei“
Filetstück bei dieser „Herausforderung“ ist
das EssZimmer: ein zum Innenraum hin
komplett verglastes Restaurant direkt unter
dem Dach, das wie eine XXL-Welle über dem
Ende 2007 eröffneten Bau wogt. Nach Bräu-
ers Wünschen rundum renoviert, besitzt es
mit edlen Hölzern, dunklem Leder, hohen
Regalen, langflorigen Teppichen, Hänge-
und Stehlampen im Sixties-Stil sowie einem
offenen Kamin den Charme eines edel de-
signten Wohnzimmers. Von Dienstag bis
Samstag wird hier ab 18 Uhr maximal 45
Gästen „klassische französische Küche mo-
dern interpretiert“ kredenzt. Und zwar
wahlweise à la carte oder als mehrgängiges
Menü, bei dem man beliebig zwischen den
vorwiegend aus der Region stammenden
„Herzstücken“ wie „Bachkrebse/ Kalbskopf /
Frühlingskräuter“ und internationalen „Ex-
kursionen“, z.B. „Bretonische Felsenrotbar-
be/ Pulpo/ Sanddorn“, wählen kann. Pas-
send zu den bewusst knapp gehaltenen
Beschreibungen der Gerichte vermeidet
Bräuer auch bei dem, was auf die Teller
kommt, jede Effekthascherei. Er mag es –
nicht nur in der Küche – gerade und unka-
priziös. Aber immer in bester Qualität. Nach
demMotto „Weniger ist mehr“ konzentriert
er sich auf den Eigengeschmack bester Pro-
dukte, den er raffiniert mit kreativen Kom-
binationen unterstreicht.
„Drei Wochen probiere und tüftele ich mit
meiner Crew, bevor die saisonal wechselnde
Karte steht“, erklärt Bräuer, der selbst aus
Prinzip nach 18 Uhr nichts mehr isst und
sich auch ansonsten so leicht wie möglich
ernährt, um das häufige Kosten zwischen-
durch zu kompensieren. Wenn Freunde oder
Stammgäste kommen, die seine Kochkünste
häufig schon von früheren Einsatzorten
kennen, genehmigt er sich bestenfalls einen
Weißwein aus dem wandhohen, gläsernen
Kühlschrank. Zu Hause am Moosacher Ka-
puzinerhölzl versucht er, „spätestens um zwei
Uhr früh“ im Bett zu liegen.
Gespräche mit den Gästen
Seine Gedanken kreisen trotzdem oft noch
weiter: um die Gespräche, die er mit allen
Gästen führt, die er stets persönlich am Auf-
zug verabschiedet, bevor der sie zum unten
wartenden BMW-Limousinen-Service für
den Heimweg bringt. Oder um die Frage, ob
in den vergangenen Stunden vielleicht ein
Restaurant-Kritiker inkognito vorbeigekom-
men ist. „Natürlich bin ich immer gespannt,
wie wir bei Guide Michelin und Gault Millau
abschneiden. Aber wenn es wieder ein Stern
sein soll, geht es danach gleich weiter.“ Mit
prallvollen Tagen, von denen ihm jeder etwas
Neues und „viel Spaß“ bringt.
ANTOINETTE SCHMELTER DE ESCOBAR
Alte Bekannte:
Peter Schmutzer
ist ein großer
Bewunderer von
Bobby Bräuers
Küchenkunst
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